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Strategie braucht Zeit, Kritik und Input von außen



3.12.2021 – Dieser Tage hat sich eine Bank vom österreichischen Markt verabschiedet.

Noch vor wenigen Jahren zählte das Institut zum wichtigsten Player in seinem Segment. Eine halbe Million Kunden, ein übersichtlicher Markt mit nur einem nennenswerten und etwa gleich großen Konkurrenten und gute Erträge mit hohen Einlagenzinsen, die man im Konzern gewinnbringend veranlagte.

Dann kam die Finanzkrise, in den Keller fallende Zinsen und die Digitalisierung – der Rest ist Geschichte. Mit Kundengeldern war nichts mehr zu verdienen und von der nominell hohen Anzahl an Kunden waren tatsächlich nur wenige Tausend wirklich aktiv. Ein entscheidender Wendepunkt, an dem weitblickende Strategien und mutiges Handeln wichtig sind.

Aus Fakten die richtigen Schlüsse ableiten

Was hat der Konkurrent gemacht? Festgestellt, dass das bisherige Geschäftsmodell nicht mehr ertragreich ist und entschieden zu diversifizieren. Vor allem über Zukäufe wurden den Kunden zusätzliche Services zur Verfügung gestellt – Leasing, Factoring, Brokerage etc.

Was hat der bisherige Marktführer gemacht? Festgestellt, dass das bisherige Geschäftsmodell nicht mehr ertragreich ist und entschieden, dieses schwerkranke Pferd dennoch weiter zu reiten. Während also das Kerngeschäft unhinterfragt blieb, wurde die Organisation mit unzähligen Aktivitäten an den Rändern auf Trab gehalten – ein Riesenprojekt zur Einführung agiler Arbeitsmethoden, die Einführung eines „Mobile First“ Ansatzes oder die Ausgabe von hohen Summen für das Zukaufen von Neukunden.

Die Strategie war, über ein enormes Wachstum so viele Kunden mit Hauptbankverbindung zu gewinnen, dass man nachhaltig in der Gewinnzone verbleibt und wieder ein ernsthafter Spieler am Markt wird.

Eine Strategie muss regelmäßig hinterfragt werden (dürfen)

Wir haben diese Bank damals beraten und die angestrebten Wachstumszahlen hinterfragt. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Ziele nur zu erreichen sind, wenn sich jene Menschen, die sich täglich für eine neue Bankverbindung in Österreich entscheiden, zu einem überwiegenden Teil für diese Bank optieren. Der Anteil war so hoch, dass er vollkommen unrealistisch erschien.

Der Vorstand, mit den Zahlen konfrontiert, wischte diese mit den Worten „Bullshit“ vom Tisch. Der „Bullshit“ basierte im Wesentlichen auf den Daten der OeNB.

Nun ist diese Bank in Österreich Geschichte und das hätte aber nicht so sein müssen. Die entscheidende Frage war die der Strategie. Das ist der Nukleus, der über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Auch noch so hyperaktive Projektarbeit rund um diesen Kern können einer schlechten Strategie nicht zum Erfolg verhelfen.

Blinde Aktivität ersetzt keine Strategie

Dabei verschanzte sich die beschriebene Bank wie in einer Wagenburg, ohne jeden inhaltlichen Austausch mit Markt, Konkurrenz oder Zielgruppe. Wer sich selbst genug ist, verliert den Blick nach außen. Strategische Entscheidungen sind aber mit der Außenwelt, mit den Stakeholdern abzugleichen. Wer das tut und kritisches Hinterfragen nicht als Beleidigung abtut, hat eine Chance, zu einer „echten“ Strategie zu kommen. Ein tragfähiges Fundament als Basis aller Aktivitäten eines Hauses.

Wer sich im Internen einkesselt und die Realität ignoriert, dem bleibt nur die Hoffnung: dass der Aufprall nicht allzu heftig wird. Besser ist es, regelmäßig die Stopp-Taste zu drücken, um aus dem Laufrad aus ständigen Meetings und Projekten vorübergehend auszusteigen. Damit gewinnt man ein paar Tage für die wichtigen Dinge – für die passende Strategie, die künftigen Erfolg ermöglicht.

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