Die Digitalisierung des Bankgeschäftes ist beides – Bedrohung und Chance für die etablierten Institute. Etwa 200 Teilnehmer suchten beim Banken-Symposium Wachau an der Donau-Universität Krems nach Ansätzen und Anregungen für die neue Ära des Banking. Eine Nachlese.
Die Frage der Digitalisierung des Bankgeschäfts ist eine Frage der Disruption – einer fundamentalen Störung bisheriger Systeme, die in der Lage ist, vollkommen neue Geschäftsmodelle hervorzubringen. Eine Situation, mit der sich Banken arrangieren müssen, die geeignete Strategien erfordert, und von der wir heute noch nicht wissen, wie sehr sie die Branche verändert.
Träger und Katalysatoren der Veränderung sind kleine Unternehmen, die mit neuartigen Geschäftsmodellen den Banken Paroli bieten und sich zwischen diese und deren Kunden drängen. Sie werden Fintechs genannt – eine Wortschöpfung aus den beiden Begriffen Financial und Technology. Gleich vier von ihnen präsentierten sich in Krems: wikifolio, Marktführer im Segment Social Trading, Finnest, eine Crowdfinancing-Plattform für KMUs, baningo, das seinen Kunden die punktgenaue Auswahl eines passenden Bankberaters ermöglicht und Blue Code, eine Bezahllösung via Smartphone.
Es sind jeweils einzelne Rosinen, die diese Unternehmen aus dem Produktkuchen der Banken picken. Rosinen, die profitabel sind und die die Banken nicht gerne verlieren. Dass neben diesen kleinen Fintechs auch große IT-Giganten wie Apple oder Google in den Startlöchern scharren, darauf verwies Susanne Chishti, CEO des Londoner Unternehmens Fintech Circle. „Große IT-Konzerne haben sich kürzlich zur Plattform „Financial Innovation Now“ zusammengeschlossen. Das wird den Sektor weltweit gehörig durcheinanderwirbeln“, warnte sie die Symposiumsteilnehmer.
Was den Wettstreit in punkto Digitalisierung betrifft, schätzt Chishti die dafür erforderliche Innovationskraft der etablierten Banken als zu gering ein. Sie brachte einen eindrücklichen Vergleich: „Das ist so, als würde sich ein großer Elefant in einem Wettlauf mit Windhunden messen. Das kann er nicht gewinnen.“ Sie ruft Banken dazu auf, mit den wendigen Fintechs zu kooperieren, um sich an die neuen Gegebenheiten anpassen zu können.
Gerald Steiner, Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Globalisierung der Donau-Uni, verwies in seiner Key Note auf die Notwendigkeit zur Innovation in Zeiten großer Herausforderungen. Am Markt etablierten Unternehmen fällt es häufig schwer, ihre eigenen Beharrungstendenzen zu überwinden. „Warum soll ich was ändern, wenn’s eh gut läuft?“, fragte er die Zuhörer, und lieferte mit dem einstmaligen Weltmarktführer in Sachen Datenverarbeitung, Olivetti, auch gleich ein negatives Beispiel dafür, wie man eine Disruption falsch einschätzt und nicht angemessen darauf reagiert. „Bei Olivetti war man überzeugt, dass der Computer immer ein Nischenprodukt bleiben wird“, so Steiner. Der Rest ist Geschichte.
Ob auch die Bankfilialen bald Geschichte sind, beschäftigte die Teilnehmer der Podiumsdiskussion. Daniela Chikova, Partner bei AT Kearney, Günther Ritzberger, Sprecher des Vorstandes der HYPO NOE Landesbank, Peter Thomayer, Vorstandsvorsitzender der CPB Software AG und Christoph Nagel, Head of Commercial Banking Strategic Management bei der UniCredit Bank Austria waren sich darüber einig, dass auf die Institute schwere Zeiten zukommen. Digital verändertes Nutzerverhalten wird zu einem weiteren Rückgang der Filialen führen. Diese waren in der Vergangenheit vor allem Orte der Transaktion, und weil diese heute vorwiegend online abgewickelt werden, reduziert sich der Bedarf nach einer physischen Präsenz der Bank. Es wird aber auch künftig Nachfrage nach qualifizierter, persönlicher Beratung geben. Diese wird in tendenziell größeren Einheiten in einem ausgedünnten Filialnetz abgedeckt.
Wie sich auch traditionelle Häuser mit ihren Kunden und deren Bedürfnissen digital vernetzen können, zeigte Joachim Degel, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens BGK aus Gerlingen bei Stuttgart. Er setzt dabei auf sogenannte Beacons – kleine Bluetooth Sender, die Standort und Bewegungsmuster (potenzieller) Kunden wiedergeben können, indem sie Kontakt mit deren Smartphones aufnehmen. Auf diese Logik aufbauend ist die Darstellung unterschiedlicher smarter Geschäftsprozesse denkbar. Etwa die gezielte Einblendung von Produktinformationen oder Sonderangeboten am Point of Sale, die Lenkung von Besucherwegen oder mobiles Bezahlen. Darüber hinaus erlauben die gesammelten Daten eine detaillierte Analyse des Kundenverhaltens und der zugrundeliegenden Bedürfnisse.
Diese Bedürfnisse zu erkennen und sie anstatt der üblichen bankzentrierten Sichtweise in den Mittelpunkt zu stellen, war die Kernaussage des Vortrags von Georg Kraft-Kinz, stellvertretender Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien. „Alle Banken machen jetzt das gleiche: digitalisieren“, so Kraft-Kinz. Es reicht allerdings nicht, sich in den Zug der Lemminge einzureihen. Als Bank sollte man sich stattdessen fragen, wie man das Leben seiner Kunden leichter machen kann und mit Feuereifer daran arbeiten. „Die Berater sind unsere Stars und sie sollten brennen für das, was sie tun.“
Nicht jede Bank wird den Weg der Digitalisierung gehen müssen oder können. Am Ende der gerade beginnenden Entwicklung wird vermutlich ein Modell der Koexistenz stehen. Wo etablierte Beratungsinstitute neben Fintechs, digitalisierten Banken und Kooperationen aus beiden Welten agieren. Die Offline-Welt wird sich durch ihren USP — der persönlichen Beratung — von der digitalen Sphäre abheben können. Allerdings nur, wenn die Dienstleistung auch von hoher Qualität ist. Durchschnittliche Services werden in einem enger werdenden Beratungsmarkt keinen Platz mehr haben.
[twoclick_buttons]
Sie möchten unsere Blog-Beiträge per Email erhalten? Zur Registrierung gelangen Sie hier.