Jetzt ist er also Realität – der Brexit. Die Folge einer verantwortungslosen, populistischen Politik und einer Regulierungswut, die vor allem den europäischen Banken noch weiter zusetzen wird.
Wo der nationalistische Furor sein Unwesen treibt, ist jede schlüssige Argumentation Zeitverschwendung. Die Brexit-Entscheidung der Briten hat enormen wirtschaftlichen und politischen Schaden angerichtet. Dieser Schaden ist kollektiv – die Ursache allerdings liegt in individuellem Opportunismus.
David Cameron sei erwähnt, der die „Brexit-Keule“ in jedem Wahlkampf schwang: „wählt für mich, dann kriegt ihr ein Referendum“. Jetzt hat ihn die eigene Keule von den Socken geholt. Oder Boris Johnson – eigentlich ein EU-Befürworter, aber für die Chance, künftig Premier zu sein, hat er die Fronten gewechselt – die Überzeugung über Bord geworfen.
Na gut, man kann sich auch freiwillig von den Klippen von Dover stürzen. Wenn er es denn einmal sein wird, ist Johnson ein Premier in „splendid isolation“. Jemand, der der britischen Ökonomie schwer geschadet hat, der interne zentrifugale Kräfte (Schottland, Nordirland) befeuert hat und der riskiert, dass der Finanzplatz London zu einem Nebenschauplatz wird.
Wir stellen also das Trennende über das Einende und kehren zurück zum Prinzip der nationalen Souveränität. Damit hat man in Europa doch gute Erfahrungen gemacht: ein paar Dutzend Millionen Tote aus zwei Weltkriegen lassen grüßen. Die Rechtspopulisten und Rechtsradikalen in den jeweiligen Ländern reiben sich die Hände, und mit Ihnen der starke Mann im Kreml, dem eine Schwächung oder ein Zusammenbruch der EU sehr gut gefallen würde. Eine seltsame Koalition: die Enkel Hitlers und Stalins – aber es gab ja auch damals schon einen „Nichtangriffspakt“.
Die überbordende Regulierung der EU war ein Hauptargument für den Brexit. Diese Regelungswut trifft nicht zuletzt den Bankensektor. Seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 wurden aberwitzige Summen und Unmengen an Ressourcen versenkt, um die Kreditinstitute vermeintlich sicherer zu machen. In Permanenz sind in jeder Bank hunderte Personen mit diversen regulativen Projekten beschäftigt. Sei es die Einführung einer neuen Liquiditätskennzahl, deren Spezifikation 350 Seiten Papier umfasst, oder die Neuberechnung der Kapitalunterlegung für Kredite oder allerhand theoretische Risiken.
Dieser neurotischen Bankenkontrolle können die britischen Kredithäuser künftig zum Teil entgehen. Ebenso wie die US-amerikanischen, die zwar kräftig mitreden in Basel, aber dann nur umsetzen, was ihnen gefällt und nicht schadet. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch die Banken im EU-Raum künftig wieder mehr dem Kunden widmen dürfen – und weniger dem Regulator.
Ansonsten führt der Brexit zu einer noch schärferen Wettbewerbsverzerrung zuungunsten der EU-Banken. Dann sind sie zwar alle vollkommen kontrolliert und reguliert, aber verschwinden dennoch aufgrund verlorener Relevanz. Sicher gestorben ist auch tot.
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