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Firmenkunden-Fintechs erhöhen den strategischen Druck auf Banken



Die digitalen Herausforderer der klassischen Kreditinstitute dringen vermehrt in das margenstarke Geschäft mit Unternehmenskunden vor.

 

 

 

Das klassische Fintech bietet seinen Kunden eine coole App, die mit optimierten Prozessen die eine oder die andere Lösung im Bereich Retail-Zahlungsverkehr anbietet. Wer diesen Geschäftsrahmen verlässt, gehört zu den absoluten Innovatoren in diesem an sich innovativen Business. Zweifellos die Königsdisziplin stellt allerdings das zunehmend wachsende Fintech-Geschäft für Unternehmenskunden dar.

Dieses ist bei Weitem komplexer als das Retail Business und legt den Fokus ganz deutlich auf das „Fin“ statt auf das „Tech“. Ins Blickfeld eines Firmenkunden gerät man nicht durch trendige Features, sondern nur durch einen konkreten Mehrwert – typischerweise im Zahlungsverkehr, in der Finanzierung oder im Bereich Supply Chain Finance. Dafür winken interessante Ertragschancen.

Im Folgenden ein paar Beispiele für solche „Firmenkunden-Fintechs“, deren Gründer zumeist selber aus dem Bankfach kommen, samt strategischer Ableitung für die bisherigen Platzhirschen:

Finnest.com hat vor zwei Jahren damit begonnen, Crowdfunding für KMUs bereitzustellen. Während klassische Crowd-Plattformen vor allem Start-ups ansprechen, hält sich Finnest.com an die Formel „5-10-20“. D.h. über Finnest.com kann man finanzieren, wenn man mindestens fünf Millionen Euro Umsatz macht, mindestens zehn Jahre am Markt ist und zumindest 20 Mitarbeiter hat.

Über die Zeichnung von Nachrangdarlehen wird so ein Zugang zum Kapitalmarkt abseits der üblichen und teuren Pfade geschaffen. Die zentralen Vorteile des Modells: Es kommt Mezzaninkapital ins Unternehmen, was dessen Bilanzstruktur stärkt, die Finanzierung ist vergleichsweise günstig und das Darlehen muss nicht besichert werden. Der Zugang ist allerdings auf bonitätsstarke Unternehmen beschränkt.

Aktuell befindet sich die neue Plattform von Finnest.com „FinnestPro“ im Beta-Status. Mit dieser Erweiterung wenden sich die Wiener an große Darlehensnehmer ab einer Mindest-Size von fünf Millionen Euro und professionelle Anleger, ab einer Ticketgröße von 500.000 Euro. Dann werden Unternehmen mit freien Cash Positionen auch die Möglichkeit haben, über diese Plattform Direktinvestments zu tätigen.

Das Münchner Unternehmen CRX Markets hat sich der Optimierung des Working Capital verschrieben. Die Supply Chain Finance Plattform wendet sich mit zwei Produkten v.a. an Unternehmen mit vielen Zulieferern. Das wäre zum einen „Dynamic Discounting“: Unternehmen anerkennen die Rechnungen ihrer Lieferanten online und anschließend haben diese die Möglichkeit, jederzeit, im Rahmen des Zahlungsziels, ihr Geld anzufordern. Je früher sie das tun, desto größer der Abschlag. Also, ein digitalisierter Skontoprozess auf einer gleitenden Zeitachse.

Weiters bietet CRX Markets das sogenannte Reverse Factoring an: Dabei werden über die Plattform die anerkannten Rechnungen mehrerer Lieferanten gebündelt, verbrieft und im Auktionsverfahren an Investoren verkauft. Dadurch erhält der Lieferant vorzeitig einen diskontierten Betrag seiner Forderung und der Käufer kann sich kurzfristig refinanzieren. Zu den Kunden von CRX Markets gehören Lufthansa, Vattenfall und Nestlé.

November First aus Kopenhagen klinkt sich mit ihrer Plattform in das ERP-System von Unternehmen ein und wickelt den FX-Zahlungsverkehr zu attraktiven Konditionen automatisiert ab. Traxpay aus Frankfurt ist ein Bezahldienstleister, der Buchhaltungsprozesse optimiert und über diverse Instrumente die Finanzierung von Forderungen ermöglicht. Taulia (San Francisco) ist in den Bereichen Dynamic Discounting, e-Invoicing und Infomanagement für Lieferanten tätig.

Zunehmend mehr Unternehmen wagen sich auf das gleiche Terrain, wie die oben genannten. Die Aufzählung könnte noch lange fortgesetzt werden. Was bedeutet das für die Banken? Ein geteilter Kuchen schmälert den Ertrag, so viel ist klar, jedoch werden Banken in diesem Prozess nicht restlos ersetzt – es wird ihnen lediglich eine Alternative zur Seite gestellt. Das wird die Marge senken, teilweise aber auch die Akquisekosten, weil in vielen Fintech-Geschäftsmodellen die Bank nach wie vor eine Rolle spielt (z.B. in der Abwicklung), aber eben nicht mehr die Schnittstelle zum Kunden ist.

Die strategische Ableitung daraus sollte sein, dass die Fintech Revolution früher oder später in alle Geschäftssparten vordringen wird. Aussagen wie jene, dass für die klassischen Banken, das margenstarke, weil komplexe Geschäft bleiben wird, sind fehl am Platz und werden von der Realität sehr schnell überholt werden. Viel wichtiger ist es, nach dem vermehrten Auftauchen der Fintech-Nischen-Player, sich auch als Bank seine eigene Nische zu suchen. Dort wo man echten Mehrwert für den Kunden bieten kann. Das muss dann nicht zwingend das Modell der Universalbank sein.

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